Der Vorfilm war wieder etwas portugiesischsprachiges. Ein schon sichtlich beanspruchter Missionar versucht den südamerikanischen Ureinwohnern, die Grundsätze des Christlichen Glaubens, also die zehn Gebote, zu vermitteln. Doch leider muss er erkennen, dass (wohl nicht nur) in dieser Gesellschaft nahezu alle diese Regeln ihres Sinnes entbehren. Denn der existenzbedrohenden feindlichen Kannibalenstämme muss man sich ebenso erwehren, wie es keinen Sinn macht sich der Illusion der Monogamie hinzugeben(, auch wenn es schön wär). Auch die Konzepte von Freizeit, Eigentum und Begehrlichkeiten werden hier, in einer Gemeinschaft in der alles jedem gehört und nicht zwischen Arbeits- und Freizeit unterschieden wird, als unnötig bis absurd erkannt. Auch fehlt daher jeder Grund für Lügen oder febhlende Ehrerbietung (jedem gegenüber). Also mal wieder die Fantasie von den glücklichen Wilden, womöglich auch als Bild für die Illusion jeder neuen Generation, die die Regeln der Alten aus diesen Gründen verschmäht. (Vom Publikum mit überraschend kräftigem Applaus bedacht, wohl wegen der Verneinung des 6. Gebots)

Dark Horse - Voksne mennesker (Erwachsene Männer?) (02.01.2006)

Das skandinavische (oder dänische) Kino kann ja den Eindruck einer allgegenwärtigen, zwar wohlwollenden, jedoch aufgrund der Formalisierung eher nervend fürsorgenden Bürokratie erwecken. So auch hier, denn der Held, ja so sieht er hier wirklich aus, hat wohl zuwenig offizielle Einnahmen, als dass es dem Finanzamt glaubhaft erscheinen könnte. Doch schon bald werden wir mit seinem eigentlich viel zu wohlselektierten aber nicht verachtenswerten Kraftfahrzeug und individuellen Auslegung jeglichen offiziellen Regelwerkes konfrontiert. Und auch seine angedeutete Legasthenie hindert ihn nicht daran, die anscheinend bedeutsamen Zusammenhänge unmittelbar zu erfassen und so auch gleich eine junge Frau seines Attraktivitätsgrades zu finden. Daneben werden noch die verschiedenen Lebensentwürfe anderer "erwachsener Männer" unterschiedlich bebildert. Da ist der Richter in der, ja es ist wohl nichts anderes, Lebensmittekrise, der sich seiner Aufgaben, Familie und Beruf nicht mehr gewachsen fühlt. Der Übergewichtige, der sich zunächst hinter überhöhten Partneransprüchen versteckt, und der Kollege, der, um die Schmerzen echter Zweisamkeitsenttäuschung zu vermeiden, sich auf das Körperliche beschränkt. Dieser ist es auch, der den Bezug zum Vorfilm schafft: Schlägt er dem Übergewichtigen doch vor, alle Zehn zu brechen, um sich zu amüsieren. Die Frauen sind hier eher ein wenig zu abwartend und erleidend. Auch wenn die Mutter sich um jeden hier ihr begegnenden jungen Mann bemüht, dies aber nur der Komik dient, und die Tochter den Helden bekommt, warten sie doch ab, ob die Männer von ihren individuellen Fluchten zurückkehren, oder, aufgrund ihrer zu spät bemerkten mangelnden Selbstdefinition, eben nicht. Doch der Generationswechsel fällt allen Beteiligten gleichermaßen schwer. Mehr als sympathisch war das Fehlen jeglichen Rauches, anstelle dessen wird auch mal zur Trillerpfeife gegriffen, und die angemessene Anklage alkoholhaltiger Softdrinks. Ein doppelt erfreulich überraschender Kinobesuch.



Szenenfoto des Vorfilms

lr

alle (p)reviews